Austausch in Online-Communities

Beeinflussen Online-Communities Interessen oder fördern sie eine interessenspezifische Selektion?

Mit dieser Thematik greift Shoppermetrics eine in der Wissenschaft seit langem debattierte Fragestellung auf: Woran liegt es, dass Personen, die befreundet sind oder eine enge Beziehung haben eine große Ähnlichkeit in ihren Einstellungen und in ihrem Verhalten aufweisen? Liegt dies daran, dass Personen vor allem Freundschaften mit anderen Personen entwickeln, die ähnliche Interessen mitbringen (Homophilie) oder liegt es daran, dass Personen aufgrund ihrer gemeinsamen Beziehung ähnliche Interessen entwickeln (Contagion)?

Die aktuelle Studie von Mirjam Saur, Expertin für ethnographische Methoden bei SHOPPERMETRICS, sucht am Beispiel des Austausches Jugendlicher über Umweltschutzthemen in Online-Communities Antworten auf diese Frage: Beeinflusst der Austausch in Online-Communities das Umweltschutzinteresse und –verhalten von Jugendlichen oder findet in Online-Communities vielmehr eine Reproduktion bereits bestehender Interessen statt?

Klären sollte diese Frage ein Mix ethnographischer Methoden wie der teilnehmenden Beobachtung, semistrukturierter Interviews (on- und offline) und ein Online-Survey.

Das zunächst überraschende Ergebnis der Studie: Der Einfluss von Online-Communities auf das Umweltbewusstsein Jugendlicher ist eher gering. Homophilie spielt im Hinblick auf Umweltinteressen und Einstellungen Jugendlicher in Online-Communities eine größere Rolle.

Jugendliche, die sich aktiv für Umweltschutz einsetzten und bereits ein großes Interesse für Umweltschutz mitbringen, haben in Online-Communities häufiger mit dem Thema Kontakt, als solche die dies nicht tun. Dass das Thema Umweltschutz in klassischen Online-Communities insgesamt keine große Rolle spielt, zeigt die Tatsache, dass Jugendliche unabhängig von ihrem Umweltschutzinteresse in Online-Communities sehr viel seltener auf das Thema stoßen als in vielen anderen Alltagssituationen.

Auch die Jugendlichen selbst schätzen den Einfluss von Online-Communities auf ihr gegenwärtiges Umweltbewusstsein als gering ein.

Eine genauere Betrachtung Jugendlicher, die sich aktiv für den Umweltschutz einsetzten und die glauben, dass sich ihr Umweltschutzinteresse aufgrund einer konkreten Information in einer Online-Community geändert hat, zeigt, dass diese überwiegend auf Seiten von Umweltschutzorganisationen auf diese Informationen gestoßen sind. Daraus wird ersichtlich, dass ein Einfluss auf das Umweltbewusstsein nur graduell stattfindet unter denjenigen, die bereits Interesse für das Thema mitbringen und die gezielt nach Informationen suchen.

Weitere Analyseergebnisse über Beziehungsmuster indizieren eine Dominanz der Homophilie und nicht des Contagion Konzeptes: Informanten (Egos) mit einem hohen Umweltschutzinteresse, die eine konkrete Information zum Thema Umweltschutz von einer Person mit ebenso hohem Umweltschutzinteresse erhalten haben (Alter), stellen, in Abhängigkeit davon, ob sich ihr Umweltschutzinteresse aufgrund der konkreten Situation geändert hat oder nicht, zwei gleich große Gruppen. Betrachtet wurde zunächst die Gruppe, bei der sich das Umweltschutzinteresse nicht verändert hat und bei der somit die Grundvoraussetzungen für das Homophilie Konzept erfüllt sind. Bei der Mehrheit dieser Gruppe waren Ego und Alter enge Freunde und ihre Beziehung hat sich nicht verändert. Demgegenüber überwiegen bei der Gruppe, bei der sich das Umweltschutzinteresse verändert hat und bei der die Contagion Voraussetzungen erfüllt sind, nicht die klassischen Beziehungskonstellationen für Contagion, bei denen Ego und Alter eine engere Beziehung entwickeln.

Die Ergebnisse zeigen interessante Aspekte im Hinblick auf die Frage, ob und wie Online-Communities das Umweltbewusstsein Jugendlicher beeinflussen oder reproduzieren. Dabei wird deutlich, dass ethnographische Methoden geeignet sind, um solche Forschungsfragen zu beantworten. Die Stärke des Ansatzes liegt in der Verwendung unterschiedlicher Methoden und Datenquellen, die sich gegenseitig ergänzen. Dies ermöglicht ein ganzheitliches Verständnis einer komplexen Fragestellung und eine tiefgehende Interpretation von Ergebnissen.

Weitere Informationen zu der Studie „Homophily and contagion in online-communities: An ethnographical case study of young people’s environmental awareness” finden Sie hier.

Autorin: Mirjam Saur, SHOPPERMETRICS

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