RFID in Lieferketten

Obwohl die RFID-Technologie nicht neu ist, so wird sie doch erst in den letzten Jahren verstärkt von der Wissenschaft und Praxis wahrgenommen und erprobt.

Autor: Stefan Friedemann, Georg-August-Universität Göttingen

RFID im Handel

RFID (Radio Frequency Identification) ist eine Möglichkeit, Objekte automatisch zu identifizieren – wie es auch der Barcode erlaubt. Im Unterschied zu diesem kann die Identifikation allerdings ohne Sichtkontakt und berührungslos erfolgen. Die grundlegenden Komponenten, aus welchen ein RFID-System besteht, sind in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Da die Identifikation der sogenannten RFID-Transponder am Objekt durch ein elektromagnetisches Feld über eine Luftschnittstelle erfolgt, ergeben sich einige Vorteile gegenüber dem konventionellen Barcode, auf welche im Folgenden einzeln eingegangen wird.

Automatische Identifikation

Beim Einbringen der Objekte in das Feld des Lesegeräts werden die Transponder aktiviert und senden ihre eindeutige Kennung aus, welche vom Lesegerät empfangen und über Schnittstellen an die verarbeitenden IT-Systeme weitergeleitet wird. Im Gegensatz zum Barcode ist beim Auslesen die Positionierung des Transponders zum Lesegerät irrelevant, eine manuelle Ausrichtung der Objekte zum Lesegerät ist also nicht notwendig. Ebenso ist der Einfluss von Verschmutzung sehr gering, da keine optischen Zeichen gelesen werden müssen. Da von dem Feld mehrere Transponder angesprochen und identifiziert werden können, ist auch eine Bulk-Erfassung möglich – also das gleichzeitige Lesen aller Transponder an Waren auf einer Palette. All diese Faktoren wirken positiv auf die Schnelligkeit der Abwicklung, auf die Fehlerrate und die Datenqualität. Zu beachten ist allerdings, dass die Felder durch metallische Oberflächen und Flüssigkeiten abgeschirmt werden, so dass bei Produkten mit ebendiesen Materialen Lesefehler auftreten können. Durch den Einsatz mehrerer Lesegeräte und spezieller Transponder können Leseraten von ca. 98 % erreicht werden.

Erhöhte Visibilität

Durch die vereinfachte und schnellere Identifikation ist es innerhalb einer Supply Chain besser möglich, den aktuellen Aufenthaltsort und den Status von Produkten zu überwachen. In einem idealtypischen Szenario mit Lesepunkten an jedem Warenein- und Ausgang und allen logistischen Einheiten kann so in Echtzeit und automatisiert festgestellt werden, wo sich Produkte befinden. Dies ermöglicht ein durchgehendes Tracking & Tracing entlang der gesamten Lieferkette mit Informationen just-in-time. Durch die Echtzeitintegration in betriebliche Anwendungssysteme ist eine verbesserte Verknüpfung der realen und virtuellen Welt und damit der objektbegleitenden Datenströme möglich. So kann auch ein effektives Event-Management (bspw. bei Ausfall von Transportfahrzeugen) umgesetzt werden.

Verbesserter Datenbestand

Einhergehend mit der oben beschriebenen Erhöhung der Visibilität entlang der Lieferkette entsteht ein vergrößerter, qualitativ hochwertigerer und feingranulariger Datenbestand im Vergleich zu konventionellen ID-Technologien. Zum Einen kann dadurch die Planung, Steuerung und Kontrolle der gesamten Lieferkette und einzelner Akteure verbessert werden, zum Anderen birgt dies aber auch die Gefahr der Datenüberflutung. Deshalb müssen geeignete Filtermethoden genutzt werden, um nur kurz- oder langfristig relevante Daten zur Verfügung zu stellen und im letzteren Fall zu speichern. Durch die hohe Granularität ist auch ein genauer Nachweis des Weges eines Produkts durch eine Lieferkette möglich, was bei Produkthaftungsverfahren, Zertifizierungen und Normierungen hilfreich sein kann.

Verbesserte Kooperation

Durch die verbesserte Datengrundlage und Echtzeitintegration ist nicht nur eine Verbesserung aus Sicht eines einzelnen Akteurs denkbar, sondern durch die automatische Informationsübermittlung auch eine Optimierung der gesamten Lieferkette möglich. Sämtliche Tracking & Tracing-Daten können an die nachfolgenden Partner übermittelt werden, womit diese immer über den aktuellen Status der Liefervorgänge informiert sind und diese Informationen in ihre eigene kurzfristige Planung einbeziehen können. Die Kooperation des gesamten Netzwerkes, das Kunden- bzw. Zuliefererbeziehungsmanagement und die Bindung der Partner untereinander kann so verbessert werden.

Neben den genannten Aspekten können im Einzelfall weitere Vorteile entstehen, wenn die Prozesse an die sich neu ergebenden Möglichkeiten angepasst werden. So ist eine Selbststeuerung der Prozesse durch die eindeutige Identifikation der Güter und einer Nutzung entsprechender ERP-Systeme mit Steuerungsmöglichkeiten denkbar, die bspw. bei Problemen selbstständig nach Lösungen sucht und automatisiert eingreift. Im Zweifelsfall kann ein Mitarbeiter mit allen relevanten Informationen versorgt werden und muss nur noch die finale Entscheidung treffen.

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