Kundentypologisierung

Ein Modell zur Einschätzung kurz- und langfristiger Effekte von Promotionaktionen

Um Informationen über die Nachhaltigkeit einer Promotion zu erhalten, hat es sich bewährt, eine kundentypologische Untersuchung über das Kaufverhalten im Zeitverlauf durchzuführen. Diese basiert auf der Erkenntnis, dass Promotions das Kaufverhalten kurzfristig und langfristig beeinflussen, wobei die kurzfristigen Effekte naturgemäß größer sind als die langfristigen. Eine saubere Kundentypologisierung anhand ihrer Kaufhistorie ist nur mit Kundenkartendaten oder single source panels möglich, bei der Verwendung von Scannerdaten oder Handels- und Verbraucherpanels treten zu viele nicht kontrollierbare Einflussgrößen auf. Es gilt, anhand der personen- bzw. haushaltsbezogenen Daten zu klären, inwieweit Kunden die Marke vor, während und nach einer Promotion gekauft haben. Instruktiv ist in diesem Zusammenhang eine Typologisierung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die die Käufer im Promotionzeitraum in fünf einprägsame Gruppen untergliedert:

1. Markeninvestment (langfristige Markenwechsler)
In dieser Gruppe sind Käufer zusammengefasst, die die Marke vor der Promotion gar nicht gekauft haben, aber während der Promotion und danach auch weiterhin. Je nach Berechnungsmethode werden Personen berücksichtigt, die von anderen Marken zur untersuchten Marke wechseln und ggf. auch Personen, die durch die Promotion neu in die Produktkategorie kommen.

2. Markenerosion (langfristig verlorene Kunden)
Dieser Typ umfasst jene Käufer, die die Marke vor der Promotion und währenddessen gekauft haben, danach jedoch andere Marken bevorzugt haben. Diese häufig recht kleine Gruppe wird also durch eine Promotion animiert, ganz allgemein stärker auf Mitnahmeeffekte zu achten und greift nach der Promotion vermutlich überwiegend bei Promotions anderer Marken zu. Die Typen 1 und 2 zusammen drücken die langfristigen Effekte einer Promotion aus.

3. Verschenktes Geld (stets loyale Stammkunden)
Hier handelt es sich um den Typus Käufer, der die Marke durchgängig kauft (und meist keine anderen Marken derselben Kategorie) – also sowohl vor, als auch während und auch nach der Promotion. Verschenktes Geld wird diese Gruppe genannt, weil es vermutlich keiner Promotionaktion bedarf, sie als Käufer zu behalten und sie auch zum Normalpreis gekauft hätte. Es ist aber durchaus nicht von der Hand zu weisen, dass ein Teil dieser Käufer die Promotion durchaus positiv wahrnimmt und Promotions für ihre Markentreue von großer Bedeutung sein könnten.

4. Verteidigter Marktanteil (Promotionstammkunden)
Eine spezielle Gruppe unter den Kunden mit hoher Loyalität sind jene, die nur während der Promotionaktionen zugreifen, und zu anderen Zeiten weder die untersuchte noch andere Marken kaufen. Diese markengebundenen Schnäppchenjäger nehmen bei Untersuchungen häufig einen kleinen Umfang an, was jedoch mitunter auch methodisch durch die Definition des Vor- und Nachkaufzeitraums einerseits und die Promotionfrequenz der Marke andererseits bedingt sein kann.

5. Schneller Euro (markenungebundene Schnäppchenjäger)
Unter dieser Gruppe werden jene Käufer zusammengefasst, die vor und nach dem Promotionzeitraum andere Marken kaufen, während der Promotion jedoch das untersuchte Produkt. Es handelt sich also um Käufer, bei denen die Promotion das auslösende Moment für den Kauf darstellt, bei denen der Kauf jedoch nicht dazu geführt hat, ihrer eigentlich bevorzugten Marke des Wettbewerbs den Rücken zu kehren. Diese Gruppe tritt besonders bei Preis-Promotions in Erscheinung und ist nachvollziehbarerweise umso größer, je attraktiver die Preisreduktion gestaltet ist.

Die Gruppen 3, 4 und 5 werden auch als “kurzfristiger Promotioneffekt” bezeichnet. Die Untergliederung der Shopper in diese fünf Kauftypen hat sich in der Praxis als hilfreich für das Verständnis und die Interpretation des Promotionerfolgs erwiesen. Nicht selten stellt sich nämlich heraus, dass ein scheinbar stolzer Umsatzablift zu einem Großteil auf Käufer der Gruppe “Verschenktes Geld” zurück geht, die im Promotionzeitraum einfach häufiger kaufen oder größere Mengen zur Kasse tragen.

Zeitliche Abgrenzung, Kategorieneukunden, Käuferüberschneidung
Methodisch von großer Bedeutung ist die Definition des Vor- und Nachpromotionzeitraums, für den das jeweilige Kaufverhalten analysiert wird. Wählt man einen zu kurzen Zeitraum, besteht die Gefahr, dass existierende Kaufmuster nicht aufgedeckt werden. Wählt man einen sehr langen Zeitraum, überlagern sich unterschiedliche Effekte und können so nur schwer entschlüsselt werden. Je nach üblicher Kaufhäufigkeit eines Artikels sind unterschiedliche Zeiträume als optimal anzusehen. Bei Produkten, die im Mittel alle 2-4 Wochen benötigt werden, sollte man etwa 3 Monate vor und 3 Monate nach dem Promotionzeitraum zugrunde legen. Dabei sollte das Problem der Käuferüberschneidung berücksichtigt werden, da Kunden häufig unterschiedliche Marken einer Kategorie kaufen. Hier gilt es, nicht den Kauf der Marke X im Vor- oder Nachpromotionzeitraum an sich schon als relevantes Ereignis zu betrachten, sondern die Frage, ob ein Kunde im jeweiligen Zeitraum die Marke X häufiger bzw. mehr gekauft hat als die Wettbewerbsmarken oder eben umgekehrt. Ein anderes methodisches Problem bei der Kundentypologisierung ist die Gefahr der Nichterfassung von Käufergruppen, wenn Kategorieeinsteiger und -aussteiger nicht entsprechend berücksichtigt werden.

Insgesamt steht der Marktforschung mit der GfK-Typologie ein instruktives Modell zur Verfügung, dass die komplexen Strukturen tausender individueller Kaufhistorien auf ein für jeden leicht nachvollziehbares Konstrukt vereinfacht, ohne dabei allzu viele Gruppen über einen Kamm zu scheren, die eigentlich kaum Ähnlichkeiten aufweisen.

Autor:
Helge Delion, SHOPPERMETRICS

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